Im Straßenverkehr sind wiederholt unterschiedlich hohe Qualitätsniveaus für systemisches Denken zu beobachten.
Typisch für ein niedriges Niveau ist beispielsweise, wenn ein Autofahrer bevorzugt auf der Mittelspur der dreispurigen Autobahn fährt, auch wenn die rechte Spur frei ist. Er selbst empfindet sich i. d. R. als vernünftig denkenden Menschen, der die rechte Spur den langsameren LKWs und die linke Spur den schnelleren Autofahrern überlässt. Seine mittlere Spur gilt für ihn als sicher und energiesparend, sein eigenes Verhalten beurteilt er deshalb als fehlerfrei, rücksichtsvoll und ggf. als vorbildlich.
Sein systemisches Denken beruht jedoch auf dem egozentrischen und (zu) einfachen System von der Einteilung des Verkehrs in drei Arten von Geschwindigkeit: 1. die richtige (also seine), 2. die schnellere und 3. die langsamere. Er bedenkt nicht, dass die höhere Geschwindigkeit ebenfalls ein System aus mehreren Geschwindigkeitsklassen ist, für die eine Spur oft nicht ausreicht. Er bedenkt auch nicht, dass er das Unfallrisiko für alle reduzieren könnte, wenn er die freie rechte Spur benützt.
Zum Glück sind die meisten Autofahrer in der Lage, zugunsten eines komplexeren Systems systemisch denken zu können. Sie machen bei Bedarf die mittlere Spur frei. Zumindest halten sie sich an das gesetzlich vorgeschriebene Rechtsfahrgebot. Sie ermöglichen dadurch ein überwiegend flüssiges Fahren auf dicht befahrenen Autobahnen.
Darüber hinaus gibt es Autofahrer, die fallweise in noch komplexeren Systemen denken. Sie treten auf der Autobahn gar nicht in Erscheinung, sobald sie streckenweise oder zeitweise auf die Benutzung ihres Autos bzw. der Autobahn verzichten. Sie beziehen in ihr systemisches Denken nicht nur ihr Eigeninteresse ein, sondern u. a. auch die Ökologie, die Ökonomie oder die Nachhaltigkeit.